L i g h t y e a r s
Installation, Teleskop, Display, Arduino, 4K Videoperformance, loop, 2025
Die Beobachtung der Sterne begleitet die Menschheit seit ihren frühesten Tagen. Schon vor über 30.000 Jahren richteten unsere Vorfahren den Blick zum Himmel und hielten Sternbilder und Himmelsphänomene in Höhlenmalereien fest. Später entwickelten Hochkulturen wie die Babylonier, Ägypter, Griechen und Maya erste astronomische Systeme, um Kalender zu erstellen, Jahreszeiten zu bestimmen oder religiöse Rituale zu planen. Dieses jahrtausendelange Interesse am Himmel zeigt, wie sehr der Mensch von Neugier, Staunen und dem Wunsch nach Orientierung geprägt ist.
Der Sternenhimmel wurde zu einem Spiegel menschlicher Fragen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wer sind wir im Angesicht eines so unermesslich großen Universums? Dass das Licht vieler Sterne Hunderte oder gar Tausende Jahre unterwegs ist, bevor es unsere Augen erreicht, macht deutlich: Wenn wir in den Nachthimmel blicken, schauen wir in die Vergangenheit. Wir sehen Sterne, die vielleicht längst verloschen sind – und doch noch immer ihre Geschichte zu uns tragen. Das zeigt, wie relativ Zeit und Nähe im Kosmos sind.
Die ältesten überlieferten Sternkarten stammen aus Mesopotamien. Dort wurden Konstellationen nicht nur beobachtet, sondern auch systematisch beschrieben. Der Himmel wurde zu einem Text, in dem göttliche Botschaften und Schicksale zu lesen waren. In China, Indien, im antiken Griechenland oder bei den Mayas finden wir ebenfalls komplexe Himmelsbeobachtungen, die sich teils in Mythen, teils in hochpräzisen astronomischen Berechnungen niederschlugen. Die Moderne brachte technische Instrumente wie das Teleskop hervor, die uns erlaubten, immer tiefer in den Raum hinauszublicken. Mit jedem neuen Blick in die Ferne verschob sich unsere Selbstwahrnehmung. Wir sahen Monde anderer Planeten, Nebel, die sich als Galaxien entpuppten, und schließlich durch die Raumfahrt die Erde selbst als kleine Kugel im schwarzen Nichts. Der „Overview-Effekt“, den Astronauten beschreiben, ist ein Schlüsselmoment dieser Entwicklung: Die Erfahrung, von außen auf den Planeten zu schauen, relativiert Grenzen, Nationalismen und Machtverhältnisse.
Wem aber „gehört“ der Himmel? Juristisch ist der Weltraum seit dem „Weltraumvertrag“ von 1967 als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ deklariert. Kein Staat darf Hoheitsansprüche auf den Mond oder andere Himmelskörper erheben. Doch die zunehmende Kommerzialisierung – private Raumfahrtunternehmen, Satellitenflotten, Asteroidenbergbau in Planung – stellt diese Vorstellung auf die Probe. Das nächtliche Firmament verändert sich bereits: Die Zahl der künstlichen Lichterpunkte wächst, Sternbilder verschwinden hinter einem Netz aus Satelliten. Der Himmel, einst das Sinnbild für Unendlichkeit und Reinheit, wird zum Projektionsfeld ökonomischer Interessen.
Diese Frage nach Zugehörigkeit und Zugang scheint mir nicht nur juristisch, sondern auch kulturell und künstlerisch relevant. Denn der Himmel ist ein kollektives Kulturgut, ein poetischer und symbolischer Raum, in dem Menschheitserfahrungen verankert sind.
In diesem Spannungsfeld denke ich die Arbeit Lightyears, die ein Teleskop zeigt, durch das die Besucher*innen in den vermeintlichen Sternenhimmel blicken. Erwartet wird eine Begegnung mit dem Kosmos, mit Ferne und Unendlichkeit. Stattdessen sieht der Betrachter die Künstlerin selbst, die in der Natur eine Fahne schwenkt – eine Fahne, die nicht aus Stoff, sondern aus Wasser zu bestehen scheint.
Die Arbeit spielt mit der Vorstellung von Ferne und Nähe, Erwartung und Irritation. Das Teleskop, Symbol wissenschaftlicher Erkenntnis und kosmischer Expansion, wird hier nicht auf Galaxien gerichtet, sondern auf eine menschliche Figur im Irdischen. Statt Sternen erscheint ein Bild, das uns auf die Erde zurückwirft. Das Motiv der Fahne erinnert an Eroberungsgesten – wie Astronauten, die auf dem Mond eine Flagge hissten. Doch hier wird die Geste gebrochen: Die Fahne besteht nicht aus einem festen Stoff, sondern aus Wasser, dem fragilsten und zugleich lebensnotwendigsten Element.
Damit verweist Lightyears auf die Grenzen von Aneignung und Besitz. Eine Fahne im All markierte einst den Anspruch einer Nation; die Wasserfahne dagegen kann nie besessen, nie fixiert werden. Sie verweist auf das Elementare, das allen gehört: Wasser, Leben, Erde.
Die Arbeit stellt so die Frage nach dem „Eigentum am Himmel“ in eine poetische Perspektive. Wem gehört der Kosmos? Vielleicht niemandem – oder allen. Zugleich spiegelt Weite die Spannung zwischen Sehnsucht nach Transzendenz und Rückbindung an das Hier und Jetzt. Der Besucher, der sich durch das Teleskop der Ferne zuwendet, wird in die Nähe gezwungen: Er sieht den Menschen, die Natur, die Erde.
Der Blick ins Unendliche führt paradoxerweise zurück zum Ursprung, zur Fragilität des Lebens. Seit Jahrtausenden schaut der Mensch in den Himmel. Er fand darin Götter, Gesetze, Kalender und Weltmodelle. Heute können wir Milliarden Lichtjahre weit sehen – und müssen uns fragen, ob unser Platz im Kosmos weniger durch Eroberung bestimmt ist, als durch Verantwortung. Vielleicht liegt die wahre Bedeutung des Kosmos für uns nicht in seiner Aneignung, sondern in der Erkenntnis, dass wir Teil eines Ganzen sind – klein im Maßstab der Sterne, und doch fähig, das Unendliche zu denken. Das Staunen über den Himmel bleibt.



Observing the stars has accompanied humanity since its earliest days. More than 30,000 years ago, our ancestors looked up at the sky and recorded constellations and celestial phenomena in cave paintings. Later, advanced civilisations such as the Babylonians, Egyptians, Greeks and Mayans developed the first astronomical systems to create calendars, determine seasons and plan religious rituals. This millennia-long interest in the sky shows how much humans are shaped by curiosity, wonder and the desire for orientation.
The starry sky became a mirror of human questions: Where do we come from? Where are we going? Who are we in the face of such an immeasurably vast universe? The fact that the light from many stars travels for hundreds or even thousands of years before reaching our eyes makes it clear that when we look up at the night sky, we are looking into the past. We see stars that may have long since died out – and yet still carry their history to us. This
shows how relative time and proximity are in the cosmos.
The oldest surviving star charts originate from Mesopotamia. There, constellations were not only observed but also systematically described. The sky became a text in which divine messages and destinies could be read. In China, India, ancient Greece and among the Mayans, we also find complex observations of the sky, some of which were reflected in myths, others in highly precise astronomical calculations. The modern age brought technical instruments such as the telescope, which allowed us to look ever deeper into space. With each new glimpse into the distance, our self-perception shifted. We saw moons of other planets, nebulae that turned out to be galaxies, and finally, through space travel, the Earth itself as a small sphere in black nothingness. The ‘overview effect’ described by astronauts is a key moment in this development: the experience of looking at the planet from the outside puts boundaries, nationalism and power relations into perspective.
But who ‘owns’ the sky? Legally, space has been declared the ‘common heritage of mankind’ since the 1967 Outer Space Treaty. No state may claim sovereignty over the moon or other celestial bodies. But increasing commercialisation – private space companies, satellite fleets, asteroid mining in the planning stage – is putting this idea to the test. The night sky is already changing: the number of artificial points of light is growing, constellations are disappearing behind a network of satellites. The sky, once a symbol of infinity and purity, is becoming a projection field for economic interests.
This question of belonging and access seems to me to be relevant not only legally, but also culturally and artistically. For the sky is a collective cultural asset, a poetic and symbolic space in which human experiences are anchored.
It is in this field of tension that I conceive the work Lightyears, which shows a telescope through which visitors can gaze at the supposed starry sky. What is expected is an encounter with the cosmos, with distance and infinity. Instead, the viewer sees the artist herself waving a flag in nature – a flag that seems to be made not of fabric but of water.
The work plays with the ideas of distance and proximity, expectation and irritation. The telescope, a symbol of scientific knowledge and cosmic expansion, is not directed at galaxies here, but at a human figure on Earth. Instead of stars, an image appears that throws us back to Earth. The motif of the flag is reminiscent of gestures of conquest – such as astronauts raising a flag on the moon. But here the gesture is broken: the flag is not made of solid fabric, but of water, the most fragile and at the same time most vital element.
Lightyears thus refers to the limits of appropriation and possession. A flag in space once marked a nation’s claim; the water flag, on the other hand, can never be possessed, never fixed. It refers to the elemental that belongs to everyone: water, life, earth.
The work thus places the question of ‘ownership of the sky’ in a poetic perspective. Who owns the cosmos? Perhaps no one – or everyone. At the same time, Weite reflects the tension between the longing for transcendence and the connection to the here and now. Visitors who turn to the distance through the telescope are forced to come closer: they see people, nature, the earth.
Paradoxically, gazing into infinity leads us back to our origins, to the fragility of life. Humans have been looking up at the sky for thousands of years. There they found gods, laws, calendars and models of the world. Today, we can see billions of light years away – and must ask ourselves whether our place in the cosmos is determined less by conquest than by responsibility. Perhaps the true meaning of the cosmos for us lies not in its appropriation, but in the realisation that we are part of a whole – small on the scale of the stars, yet capable of conceiving the infinite. The wonder of the sky remains.